Warja Lavaters Tätigkeit als freischaffende Künstlerin begann nach einem längeren Aufenthalt in New York von 1958 bis 1960. Die Eindrücke aus der pulsierenden Metropole, die Highways, der Times Square mit seinen Lichtreklamen und Jazz-Lokale sowie die neu geknüpften Freundschaften zu Künstlern wie Sam Francis, Al Held, George Sugarman und Sandy Calder bewegten Lavater dazu, sich von der Rolle der traditionsbewussten Grafikerin und Illustratorin zu verabschieden. Sie entdeckte die Zeichensprache der Straßen Signale und das asiatische Faltbuch als Ausdrucksmedium. In China Town beobachtete sie Kalligrafen, die traditionelle Malerei in Faltbücher malten. Aus dieser Zeit stammen auch Zeichnungen und Gouachen in denen sie ihre Eindrücke festhielt.
Artists’ books
Noch bevor sich der Begriff Artist’s book etabliert hatte, definierte Warja Lavater das Buch als künstlerisches Experimentierfeld für sich. Sie blieb nicht beim kleinen Format, sondern vergrößerte ihre Leporellos zu eigenständigen Skulpturen. Ab den 1970er-Jahren begann sie aus handgeschöpftem Papier kleine und größere Papier-Skulpturen zu formen, sogenannte Paper Art.
Ihre Artists’ books bezeichnete sie als Folded Stories, Pictosonies, Sing-Song-Sings und Imageries. Diesen Werken liegt die Idee zugrunde, dass abstrakte Bildelemente Geschichten visuell erzählen können. Als Medium wählte die Künstlerin das Leporello. Dieses vermag durch seine ausziehbaren und faltbaren Seiten die Beweglichkeit und den zeitlichen Verlauf einer Erzählung wie auf einem Filmstreifen einzufangen. Die in immer neuen Konstellationen sich wiederholenden Symbole werden in einer Legende erklärt, so dass sich die abstrakten Bilder wie bei einer Landkarte mittels der Zeichenerklärung entziffern lassen.